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Karl Witzmann (1883-1952)

Villa Bergmann

Karl Witzmann (1883-1952)

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Schon als Schüler war der junge Karl Witzmann 1901 im Rahmen der Winterausstellung des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie vertreten. Bald gehörte er zu den Künstlern, deren Entwürfe regelmäßig auf den Ausstellungen des Museums präsentiert wurden. Als Absolvent und Lehrender der Wiener Kunstgewerbeschule gehörte er schließlich zu den ständigen künstlerischen Beratern der Veranstaltungen des Ö. Museums für Kunst und Industrie.
Als Gewinner eines eigens ausgeschriebenen Wettbewerbs war er 1908 für die Gesamtinstallation der Kaiser-Jubiläums-Möbel-Ausstellung verantwortlich und entwarf auch mehrere Interieurs. 1911 wurde er für die Raumgestaltung der Ausstellung Österreichisches Kunstgewerbe im Museum für Kunst und Industrie herangezogen.
Witzmann zählt zu den Schülern Josef Hoffmanns, die die Möbelgestaltung, wie Hoffmann sie im Rahmen der Wiener Werkstätte prägte, aufgriffen und weiterentwickelten.
witzmann-stoff.jpgDas Attribut Hoffmann-Schüler gebührt Carl Witzmann wohl zu recht. Nach einem Jahr bei Professor Herdtle wechselte dieser im Wintersemester 1901/2 in die Architekturklasse von Hoffmann. Er hatte eine Tischlerlehre absolviert und besuchte an der Wiener Kunstgewerbeschule im Schuljahr 1900/1901 die Fachschule für Architektur bei Prof. Herdtle, bevor er in die Klasse von Hoffmann eintrat. Schon auf der Winterausstellung 1901/02 wurden Möbel nach seinen Entwürfen gezeigt, ausgeführt vom Tischler Jakob Soulek. Für die Internationale Kunstgewerbeausstellung in Turin 1902 entwarf er mit einem Musiksalon (Ausführung Sigmund Oppenheim) „ein echt wienerisches Ensemble: fesch, munter, heiter und bunt." (I. Internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin 1902, Hrsg. Alexander Koch, Darmstadt 1902, S. 178.)
Noch im gleichen Schuljahr erhielt er den Auftrag für die Inneneinrichtung einer Villa nahe Wiens. Das im Heimatstil errichtete Haus erhielt durch den jungen Architekten Witzmann eine moderne Inneneinrichtung, die die Wohnräume ebenso wie Schlafzimmer und Küche umfasste. Alle Möbel zeichnen sich durch schlichte konstruktive Formgebung aus. Die Möbel des Mädchenzimmers, der Loggia und der Küche waren farbig gefasst, das Schlafzimmer und das Speisezimmer hingegen in gebeiztem Holz ausgeführt. Die Einrichtung wurde in der Kunstzeitschrift „Das Interieur“, Bd. III, 1902, umfassend abgebildet. Die Einrichtung für die Villa Bergmann dokumentiert die beginnende Moderne in Wien kurz nach der Jahrhundertwende. Damit zählt Witzmann zu den innovativen Kräften dieser Zeit.
"Daß Carl Witzmann zu den begabtesten jüngeren Architekten Wiens gehört, ist schon an dieser Stelle anerkannt worden. Als Schüler Josef Hoffmanns hat er gleich am Anfang seiner Tätigkeit die größten Hoffnungen geweckt, und seine Entwicklung hat uns nicht enttäuscht. Als gelernter Tischler kam er an die Wiener Kunstgewerbe-Schule; die Erfahrungen und praktischen Kenntnisse, mit denen er ausgerüstet war, zusammen mit seiner künstlerischen Begabung, dem weiten Blick und dem feinen, angeborenen und ausgebildeten Schönheitsgefühl, sind ihm sehr zustatten gekommen.
In seinen Arbeiten liegt immer viel erfreuliche Frische, seine Entwürfe sind fein ersonnen, die Raumlösung und Ausstattung gut und zweckentsprechend, stets den Charakter ihrer Bestimmung spiegelnd.
Seine gründliche Ausbildung als Handwerker befähigt ihn, die Ausführung seiner Entwürfe bis ins kleinste zu überwachen. Künstlerischer Takt leitet ihn, die Beziehungen zwischen dem Bewohner und seinem Heim mit Sicherheit herauszuarbeiten, sodaß alles im schönsten Einklang steht." (A. S. Levetus: Architekt Carl Witzmann – Wien; in: Deutsche Kunst und Dekoration, Bd. XXV, Oktober 1909-März 1910, S. 57-60)
"Karl Witzmann steht heute in der allerersten Reihe der jüngeren modernen Architekten Österreichs. … Er begann seine Laufbahn als Tischlerjunge und erst, nachdem er sich seinen Lehrbrief erarbeitet hatte, kam er auf die Wiener Kunstgewerbeschule, wo er Schüler von Professor Hoffmann war. Hier erwies er sich nicht nur als ein fleissiger Student, sondern auch als ein feinsinniger, zu praktischen Leistungen gefähigter Künstler mit gesunden Anschauungen. …. Seit seinen ersten Anfängen hat er die Notwendigkeit eines vernunftentsprechenden Wohnens nie ausser acht gelassen. Sein Bestreben ging stets dahin, im Hause und seiner Einrichtung die persönliche Note des Bewohners zum Ausdruck zu bringen und aus diesem Grunde ist vor dem Entwurfe seiner Arbeiten die Beobachtung der Individualität des Eigentümers für ihn von grösster Wichtigkeit.“ (A. S. Levetus: Architekt Karl Witzmann; in: Moderne Bauformen, X. Jg., Stuttgart 1911, S. 576.)

Ausgewählte Literatur:

  • A. S. Levetus: Architekt Karl Witzmann; in: Moderne Bauformen, Band X, 1911, Heft 12, S. 576-588.

  • Carl Witzmann Anlässlich seines fünfzigsten Geburtstages, zusammengestellt von Dipl. Arch. Z. V. Robert Kotas, Wien 1934.